Thema: Sei ned so ugram!

Ostarrichi > Wörterdiskussionen > Unbekannte Woerter

Sei ned so ugram!
23.06.2012 von

Sei ned so ugram!
23.06.2012 von System1

Wer kennt das Adjektiv "ugram"? Ich habe es im Bezirk Schärding, OÖ, gehört.
"Sei ned so ugram" beim Spielen unter Kindern etc. = Sei nicht so wild/grob, pass ein bisschen auf

Auch im Internet zu finden: http://www.iphpbb.com/foren-archiv/3/166400/165280/regionale-sprachunterschiede-22824096-9090-55.html

ugram, ugramt, ungramt, ugraumt, ungraumt,...
24.07.2012 von SebD

Super Frage! Ich kenne das auch aus dem Bezirk Schärding und es hat mich auch schon beschäftigt.

Als Bedeutung würde mir "ungestüm" einfallen, ohne genau zu wissen, was das eigentlich bedeutet, aber "grob, wild" passt auch gut.
Man verwendet es z.B. bei Tieren. Wenn sie herumtoben, auf jemanden oder etwas losgehen, oder in eine andere Richtung möchten als der Besitzer sich das vorstellt, sind sie ugram.
Oder wie es schon geschrieben wurde, wenn Kinder zu wild sind, sind sie ugram.
Wenn etwas sehr groß, zu groß, ist, kann man auch sagen, es ist ugram. Das ist aber eine übertragene Verwendung, ich kann das jetzt nicht gut erklären.

Aussprache:
Obwohl ich es oft gehört habe, bin ich mir nicht sicher, wie der zweite Vokal ausgesprochen wird. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Betonung auf der ersten Silbe liegt und die zweite eher unauffällig ist.

Ich möchte vorerst nichts darüber schreiben, was ich dazu gefunden habe, sondern etwas fragen. Nach einer möglichen Erklärung könnte am Ende ein "t" stehen. Kennt es jemand als ugramt, ungramt, ugraumt, oder ungraumt?

Re: Sei ned so ugram!
24.07.2012 von System1

Hab eine Native Speakerin (ok, meine Mutter ) gefragt, und die sagt, es heißt einfach ugram. Laut ihr kommt das u nicht von der Vorsilbe un-, und das Wort ist auch keine verschliffene Form von u(n)grámt, was in Otto Jungmairs "Wörterbuch zur oö. Volksmundart" von 1978 als "gerade heraus, ohne sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen" verzeichnet ist.

"ugram" steht in diesem Wörterbuch leider nicht drin, obwohl es sonst sehr gewissenhaft und mit viel Wissen über Land und Leute gemacht wurde.

Meine Mutter gab als Bedeutung von "ugram" an: (gar zu) wild, übermütig (z. B. beim Tanzen), aber auch: groß
"ungestüm" ist eh eine gute Übersetzung.

Aussprache?, ungereimt?
03.08.2012 von SebD

Vielleicht kannst du noch etwas zur Aussprache sagen. Ist es ein helles a (kraxeln?, Watschn?, damisch?), oder ein dunkleres (Hammer?), oder vielleicht hast du ein anderes Vergleichswort?

Ich habe selber in den online verfügbaren Quellen nichts gefunden.
Bei Jungmair/Etz habe ich dann das von dir schon erwähnte
"u(n)grámt, gerade heraus, ohne sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen (mhd. roumen)" gefunden, á bedeutet ein helles a.
Die da angegebene Bedeutung könnte man als sehr spezielle Verwendung des gesuchten Wortes verstehen.

Im Wörterbuch von Wolfgang Stöckl (2008) gibt es
"ungraumt adj. dasselbe wie unbár(t);
unbár(t) adj. derb, frech, übermütig, ungezogen".
Das passt von der Bedeutung ganz gut, und mit dieser Schreibweise findet man dann mehr.

Unter "http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?bookref=24,801,60 " steht im DWB wenig und nichts passendes, aber es gibt einen Verweis auf "ungereimt".
Unter "http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?bookref=24,811,73 " gibt es einen langen Artikel, wo man speziell im Kap. 2b viel passendes findet:
unpassend, ungehörig, grob, bös, ungezogen, roh, störrig, widerspenstig, unbändig, ungeberdig,...

Hier noch das schweizerische Wörterbuch, auf das sich das DWB vermutlich bezieht (Staub-Tobler).
http://www.idiotikon.ch/Register/faksimile.php?band=6&spalte=904 (i mit einem Dach darüber, =ungereimt?), aus dem Kap. 2:
ungeberdig, ungehobelt, roh, schlecht erzogen; vom Vieh unbändig, wild, störrisch,...

Aber ob ugram jetzt mit ungereimt zusammenhängt, kann ich nicht sagen.

Re: Sei ned so ugram!
04.08.2012 von System1

Aussprache: helles a, ganz "normal", so wie wenn man es in einem hochdeutschen Text lesen würde: ugram. Mit Betonung auf u natürlich.

Hut ab vor deiner Recherche. Die Passagen von den Grimms sind schon recht erhellend, eine Verwandtschaft zu "ungereimt" scheint plausibel.

13.06.2021 von SebD

Die OÖN (Oberösterreichische Nachrichten) haben eine wöchentliche Kolumne, wo von Lesern eingesandte Mundartwörter abgedruckt werden. Dort wurde "ugram" zweimal gebracht.

Das kann man leicht herausfinden:
Man geht auf https://www.nachrichten.at/ , gibt dort bei der Suche "ugram" ein, dann bekommt man:
"Keine passenden Artikel gefunden"
Deshalb, weil die Suche zuerst auf Artikel in der Online-Ausgabe eingestellt ist. Aber man sieht, dass der Reiter "ePaper" aktiv ist. Wenn man den anklickt, bekommt man eine Liste mit 3 Ergebnissen, von
- 18.5.2019
- 17.6.2015
- 17.4.2015

Mehr Informationen bekommt man dann nur, wenn man ein Digital-Abo hat. Dann kann man die Artikel lesen:

- 17.4.2015
ugram: grob
von M.F. aus Andrichsfurt (Bzk. Ried)

- 17.6.2015
Wie zuvor, da wurde nur die Kolumne von 17.4.2015 noch einmal gedruckt

- 18.5.2019
ugram: grobschlächtiges Benehmen
von M.K. aus Weilbach (Bzk. Ried)

Hier in der Diskussion waren 2 Leute aus dem Bzk. Schärding beteiligt, die 2 Beiträge bei den OÖN sind aus dem Bzk. Ried, es sind also alle aus dem unteren Innviertel.

Einloggen





Impressum | Nutzung | Datenschutz

Österreichisches Deutsch bezeichnet die in Österreich gebräuchlichen sprachlichen Besonderheiten der deutschen Sprache und ihres Wortschatzes in der hochdeutschen Schriftsprache. Davon zu unterscheiden sind die in Österreich gebräuchlichen bairischen und alemannischen Dialekte.

Das vom österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mitinitiierte und für Schulen und Ämter des Landes verbindliche österreichische Wörterbuch dokumentiert das Vokabular der deutschen Sprache in Österreich seit 1951.

Teile des Wortschatzes der österreichischen Standardsprache sind, bedingt durch das bairische Dialektkontinuum, auch im angrenzenden Bayern geläufig. Die Seite unterstützt auch Studenten in Österreich, insbesondere für den Aufnahmetest Psychologie und den MedAT für das Medizinstudium.

Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Betonung entstammen den in Österreich verbreiteten Mundarten und regionalen Dialekten, viele andere wurden aus nicht-deutschsprachigen Kronländern der Habsburgermonarchie entlehnt. Eine große Anzahl rechts- und verwaltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das österreichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich zurück.

Außerdem umfasst ein wichtiger Teil des speziell österreichischen Wortschatzes alles rund um die Küche.

Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch zahlreiche regionale Dialektformen, hier insbesondere bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark genutzt, finden aber keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache.